© ÖBB, Andreas Scheiblecker
Personen v.l.n.r.: Matthias Stadler, Bürgermeister St. Pölten, Vera Casper, ÖBB-Projekleiterin Wohnprogramm, Gerhard Hofer, e7, Georg Ortner, ÖBB Geschäftsbereichsleiter Strategische Steuerung Immobilien
Als Top-Arbeitgeber stellen die ÖBB ihren Mitarbeiter:innen modernen Wohnraum zu fairen Mietpreisen zur Verfügung. In St. Pölten wurde das Forschungsprojekt „ZuZugLeben“ ins Leben gerufen, gefördert wird es von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Ziel ist es, die Wohnhäuser in den über 100 Jahre alten „Eisenbahnerhöfen“ nachhaltig zu sanieren, Wohnungen speziell für Schichtarbeiter:innen zu realisieren und die Arbeitersiedlung zukunftsfit zu machen.
Moderner Wohnraum mit Gründerzeitcharme
Die „Eisenbahnerhöfe“ befinden sich zwischen Mariazellerstaße und Alpenbahnhof und erstrecken sich über drei Höfe bis zur August-Hassack-Straße. Insgesamt handelt es sich um 45 Stiegen mit 550 Wohnungen. Das erste Wohnhaus in der Grillparzerstraße Ecke August-Hassack-Straße wurde 2021 saniert. In dem um 1900 erricheten Gebäude wurde durch die Optimierung der Wohnungsgrundrisse zeitgemäßer, attraktiver Wohnraum geschaffen. Hofseitig wurden Balkone errichtet und alle Wohnungen mit einer modernen Küchenzeile, einem voll ausgestatteten Badezimmer und WC versehen. In den Wohnräumen befinden sich hochwertige Parkettböden. Das Haus verfügt über einen Fernwärmeanschluss, die Fassade und Fenster wurden mit besonderer Rücksichtnahme auf den Ensembleschutz erneuert. Zwei der übrigen sechs Wohngebäude befinden sich derzeit in Sanierung und werden Anfang 2024 fertiggestellt. Die Sanierung der weiteren Wohnhäuser ist geplant.
Forschungsprojekt für zukunftstfitten Wohnraum in Hof 1
Ziel des Forschungsprojekts "ZuZugLeben" ist es, in den Eisenbahnerhöfen ein Wohnhaussanierungsprojekt zu realisieren, das die Grundlage für andere Vorhaben darstellt. Dazu wurden im Rahmen des Forschungsprojekts statistische Daten ausgewertet und qualitative Interviews durchgeführt Durch partizipative Quartiersentwicklung und die Evaluierung der Ergebnisse wurden Erkenntnisse gewonnen und in weiterer Folge auf weitere ÖBB-Wohnhäuser übertragen. Natürlich werden auch die Konzernziele der ÖBB in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz in einer interdisziplinären Lösung für Hitzeresistenz mit Perspektive 2070 umgesetzt.
Erste Schichtarbeiterwohnungen in Österreich
Mehr als 50% der ÖBB-Mitarbeiter:innen arbeiten im Schicht- und Wechseldienst. Schichtarbeiter:innen und ihre Familien stellen aus berufsbedingten Gründen spezielle Anforderungen an ihren Wohn- und Lebensraum. Die Erforschung der Wechselbeziehungen zwischen Arbeiten und Wohnen hat ergeben, dass die Wohnung des Schichtarbeiters/der Schichtarbeiter:in von zentraler Bedeutung ist – als Ort der Erholung, der Ruhe und des persönlichen Freiraumes. Deshalb werden die Wohnungen in St. Pölten speziell saniert: Beschattung und Kühlung von Wohn- und Schlafräumen, besondere Verdunkelung der Schlafzimmer, sowie hoher Schallschutz. Aufgrund der unterschiedlichen Schlaf- und Wachzeiten von Schichtarbeiter:innen wird ein eigenes Lichtkonzept für Einschlaf- und Aufwachphasen umgesetzt. Durch die schöne Grünanlage wird die Erholung der Mitarbeiter:innen gefördert. Diese Maßnahmen sind wesentlich für eine gute Vereinbarkeit von Arbeits- und Familienleben für Schichtarbeiter:innen.
Georg Ortner, ÖBB-Infrastruktur AG: „Durch das Forschungsprojekt haben wir festgestellt, dass unsere Schichtarbeiter:innen besondere Bedürfnisse für ein gesundes Leben haben. Die ÖBB sind das erste Unternehmen, welches Wohnungen eigens für Schichtarbeiter:innen plant und baut. Darauf sind wir stolz!“
Bürgermeister Matthias Stadler: „Als Pionierstadt wollen wir eine zukunftsweisende Rolle für das gemeinsame Ziel der Klimaneutralität einnehmen und als Vorbild für viele Städte, Gemeinden und Regionen wirken. Einer der Schwerpunkte der kürzlich eigens dafür geschaffenen Klimakoordinationsstelle ist es, in Zusammenarbeit mit Bauträgern klimaneutrale Quartiere in St. Pölten zu schaffen. Umso erfreulicher ist es, dass wir mit den ÖBB einen ambitionierten Kooperationspartner gefunden haben, der in den Eisenbahnerhöfen ein solch zukunftsweisendes Pionierprojekt umsetzt. Im gemeinsamen Austausch werden so wertvolle Lernerfahrungen gesammelt, von denen künftig viele weitere Projekte – und damit schlussendlich auch die Umwelt – profitieren werden.“
Architekt Ernst Rainer, Büro für resiliente Raum- und Stadtentwicklung: „Das vom Klima- und Energiefonds geförderte Innovationsprojekt ZuZugLeben, mit dem sich die ÖBB in Österreich und Europa als innovativer und zukunftsweisender Arbeitgeber positionieren, wird dazu beitragen, den zukünftigen ÖBB-Mitarbeiter:innen ein leistbares, innovatives und klimaoptimiertes Wohn- und Lebensumfeld anzubieten. Zudem zeigt es, dass durch eine aktive Zusammenarbeit mit der Klimamodellstadt St. Pölten menschen- und klimafreundliche Stadträume und neue, innovative, soziale Angebote im Zuge der Entwicklung des ÖBB Wohnquartiers real umsetzbar sind.“
Innovative und nachhaltige Ansätze
Angedacht ist die zur Verfügungstellung von möglichen Co-Workingplätzen und Projekträumen bis hin zu Gemeinschaftsräumen für generationsübergreifende Freizeitgestaltung. Zu den weiteren Visionen zählen eine Einkaufsgemeinschaft („Foodcoop“), eine Paketstation sowie ein Abstellbereich für geteilte Mobilitätsangebote. Im Gemeinschaftsgarten wird neben Hochbeeten auch ein Ort der Begegnung geschaffen.
Für ein gutes gemeinschaftliches Auskommen wurde im Forschungsprojekt das Konzept „Nachbarschaftsmanager:in“ erarbeitet. Dabei handelt es sich um ein Konzept, das erklärt, wie Ressourcen und Infrastrukturen gemeinschaftlich genutzt und in Schuss gehalten werden, um materielle und soziale Bedürfnisse der Bewohner:innen auf einfache und sparsame Weise zu befriedigen und gleichzeitig klimawirksam zu sein. Eine zentrale Rolle kommt in diesem Konzept der Person des Hausmeisters / der Hausmeisterin zu.
Das Pumpenhaus als möglicher Begegnungsraum
Das Pumpenhaus wurde früher zur Lagerung von Brennstoff (vermutlich Kohle), für die Beheizung und für das „Pumpen“ der Wärme in die Wohnungen genutzt. Seit der Fernwärme-Versorgung steht das Gebäude nahezu leer. Aktuell dient es als Raum für sozialen Austausch zwischen Bewohner:innen, lokalen Vereinen und Initiativen und auch der Stadtverwaltung bzw. -politik, um Konzepte und Lösungen zu diskutieren. Ziel ist es dieses Haus zukünftig für eine gemeinnützige Bewirtschaftung zur Verfügung zu stellen.
Werkswohnungswesen neu gedacht: Das ÖBB Wohnprogramm
Die ÖBB-Infrastruktur AG besitzt bundesweit rund 350 Wohnhäuser mit etwa 4.000 Wohnungen. Mitte 2017 wurde konzernweit der Entschluss zur Wiederbelebung des Mitarbeiter:innenwohnungswesens gefasst und entsprechend der Startschuss zur österreichweiten Generalsanierung und Revitalisierung bestehender Wohnobjekte gegeben. Damit hat die ÖBB eine Vorreiterinnenrolle im Mitarbeiter:innenwohnungswesen eingenommen und in Hinblick auf die beiden zentralen Themen „Fachkräftemangel“ und „Leistbarkeit von Wohnraum“ einen wichtigen strategischen Vorteil zur Akquise von Mitarbeiter:innen. „Wohnen ist ein wesentliches Thema für uns als Toparbeitgeberin. Faire Mieten, gute Lage und moderne Ausstattungsstandards stehen dabei im Fokus“, bekräftigt Georg Ortner (ÖBB-Infrastruktur AG). Mit einem einkommensgestaffelten Mietpreisregime für attraktive Wohnungen soll die Bindung ans Unternehmen gestärkt werden.