(v.l.n.r.): Oskar Deutsch (Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien), Claudia Prutscher (Vorsitzende der Kulturkommission der Israelitischen Kultusgemeinde Wien), Michael Ludwig (Bürgermeister der Stadt Wien), Hannah Lessing (Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich), Andreas Matthä (Vorstandsvorsitzender der ÖBB Holding AG), Guna Japina (Botschafterin der Republik Lettland), Mordechai Rodgold, (Botschafter des Staates Israel)
Heuer jährt sich der Beginn der Deportationen vor 80 Jahren nach Riga/Lettland, damals ein Teil des „Reichskommissariats Ostland“. Im Zeitraum von Dezember 1941 bis Februar 1942 wurden ca. 4.200 Jüdinnen und Juden vom Aspangbahnhof in Wien ins Ghetto nach Riga deportiert. Die meisten – darunter viele Kinder – wurden nach einer tagelangen Fahrt unter unvorstellbar grausamen Bedingungen unmittelbar nach deren Ankunft in Riga erschossen. Die Bahn war dabei eine der wichtigsten Stützen des Nazisystems. Ohne sie wäre die Kriegslogistik der deutschen Wehrmacht in dieser Form nicht umsetzbar gewesen. Die ÖBB bekennt sich zu ihrer Vergangenheit und setzt sich für eine aktive Erinnerungskultur ein.
Sichtbare Erinnerung am Hauptbahnhof Wien
Die heute eröffnete Gedenkausstellung mit dem Titel „80 Jahre Deportationen Wien-Riga“ beleuchtet einen grausamen Teil der Bahn- und Wiener Stadtgeschichte. Initiiert wurde die Ausstellung von der Stadt Wien in Zusammenarbeit mit dem Nationalfonds und den ÖBB. Die Gedenkausstellung soll daran erinnern, wie brüchig der gesellschaftliche Friede sein kann. Die Ausstellung, sie ist von 15. Oktober bis 30. November 2021, am Hauptbahnhof Wien frei zugänglich, wurde heute im Beisein zahlreicher Würdenträger eröffnet: Michael Ludwig (Bürgermeister der Stadt Wien), Andreas Matthä (Vorstandsvorsitzender der ÖBB Holding AG), Mordechai Rodgold, (Botschafter des Staates Israel), Guna Japina (Botschafterin der Republik Lettland), Oskar Deutsch (Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien), Hannah Lessing (Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich), Claudia Prutscher (Vorsitzende der Kulturkommission der Israelitischen Kultusgemeinde Wien), Milli Segal, (Kuratorin), Brigitte Bailer-Galanda (Historikerin, wissenschaftliche Mitarbeit an der Gedenkausstellung).
„Mir ist wichtig, dass dieses furchtbare Kapitel unserer Geschichte nicht nur in Museen oder auf den Universitäten diskutiert wird, sondern auch im öffentlichen Raum sichtbar ist. Demokratie und Menschenrechte sind auch in der Gegenwart brisante Themen. Daher haben wir mit dem Wiener Hauptbahnhof einen hochfrequentierten öffentlichen Ort ausgewählt, um der Geschichte des Holocaust und der grausamen Verfolgung von Menschen auch im Alltag Platz einzuräumen und sie so näher an die Menschen zu bringen“, sagt Andreas Matthä, ÖBB-Vorstandsvorsitzender.
Kooperation Wien-Riga im Zeichen der Erinnerung
Als im Februar 1942 der letzte von Wien nach Riga gesandte Transport eintraf, wurden beim Empfang am Bahnhof Skirotava jenen Menschen, denen der kilometerlange Fußmarsch zum Ghetto zu beschwerlich erschien, Lastkraftwagen – getarnte Gaswagen – zur Fahrt ins Ghetto angeboten. Von den 1.000 aus Wien Deportierten erreichten nur 300 Personen das Ghetto zu Fuß. 400 meist ältere Menschen wurden im Wald vom Rumbula ermordet. Insgesamt überlebten ca. 100 Jüdinnen und Juden das Ghetto, die Zwangsarbeit bzw. die danach folgenden Einweisungen in diverse Konzentrationslager.
Mit der, die in Kooperation mit den Österreichischen Bundesbahnen und dem Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus entstanden Ausstellung, die in weiterer Folge auch in Riga gezeigt werden wird, soll einmal mehr einer breiten Öffentlichkeit die Unmenschlichkeit des Nationalsozialismus vor Augen geführt und die stete Erinnerung daran eingemahnt werden.
Ausstellung: Verdrängte Jahre der ÖBB
Die ÖBB befassten sich aber auch selbst mit dunklen Zeiten des Systems Schiene: Von 1938 bis 1945 waren die Österreichischen Bundesbahnen (damals BBÖ) ein Teil der Deutschen Reichsbahn und eine der wichtigsten Stützen des nationalsozialistischen Staates.
In der Themenausstellung "Verdrängte Jahre. Bahn und Nationalsozialismus in Österreich 1938 - 1945" wurde 2012 die eigene Geschichte erstmals aufgearbeitet. Bisherige Stationen der Ausstellung: Wien, Wissensturm Linz, Salzburg, im GrazMuseum, im Landesmuseum Kärnten, im Europäischen Parlament in Brüssel, im Stadtmuseum Wiener Neustadt und an der Universität Tel Aviv. Im Gedenkjahr 2018 wurde die ÖBB Themenausstellung erstmals in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen gezeigt, im Gedenkjahr 2020 war sie Teil einer Ausstellung im Haus der Geschichte Österreich.
Seit 2016 ist die Ausstellung "Verdrängte Jahre" im ÖBB Bildungszentrum St. Pölten/Wörth dauerhaft eingerichtet und für die interessierte Bevölkerung zugänglich. Teile der ÖBB-Dauerausstellung – wie die Tafel der Deportationszüge – sind auch in der Gedenkausstellung „80 Jahre Deportationen Wien-Riga“ zu sehen.