Wien, 21.12.2021 – Rund 30 % der heimischen CO2-Emissionen kommen aus dem Verkehr – Tendenz stark steigend. Im Güterverkehr zählt der Transit-Lkw zu den Hauptemittenten. Europa soll bis 2050 CO2-neutral sein – Österreich bereits 2040. Die Verlagerung des Warentransports von der Straße auf die Schiene ist daher ganz entscheidend, um die Klimaneutralität in Österreich und Europa im Verkehr zu erreichen. Weitere Verkehrsverlagerungen auf die klimafreundliche Schiene sind auch Ziel der ÖBB Klimaschutzstrategie.
Zukunft der Schiene
Im Rahmen der Partnerschaft der ÖBB in der WWF CLIMATE GROUP wurde nun der zweite Stakeholderdialog unter dem Titel „Zukunft der Schiene: Die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene ist einer der schnellsten und effizientesten Wege, um die steigenden CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu bekämpfen.“ durchgeführt. Clemens Först, Vorstandssprecher der ÖBB Rail Cargo Group (RCG) betonte in seiner Präsentation die Digitalisierungs-/ und Innovationsprojekte der RCG, „Nur gemeinsam können wir mehr Gütertransporte von der Straße auf die Schiene bringen. Daher sind diese intensiven Dialoge mit der Wirtschaft und dem WWF für uns besonders wertvoll. Täglich arbeiten wir daran, den nachhaltigen Schienengüterverkehr effizienter, zuverlässiger und damit attraktiver zu gestalten. Zusätzlich muss aber auf europäischer Ebene für faire Wettbewerbsbedingungen gesorgt werden, sowohl was eine leistungsfähige Infrastruktur betrifft als auch Kostenwahrheit zur Straße. In Österreich sind u.a. die externen Kosten (u.a. Lärm-, Stau- und Unfallkosten) beim Lkw dreimal höher als bei der Bahn. Diese Kosten werden aber derzeit nicht von den Verursacher:innen getragen, sondern von den Steuerzahler:innen.Europa braucht die Schiene als Teil der Lösung für die Klimakrise. Die Schiene braucht aber im gleichen Ausmaß Europa, um ihre Stärken voll ausspielen zu können.“ Karl Schellmann Klima- und Energiesprecher des WWF Österreich strich hervor: „Ohne die Loslösung der Mobilität vom Erdöl wird Klimaschutz nicht gelingen. Für das Engagement vieler Unternehmen für einen abgasfreien Gütertransport müssen geeignete Infrastrukturen, naturverträglicher erneuerbarer Strom und praktikable digitale Lösungen bereitgestellt werden. Die konkreten politischen Entscheidungen dazu in Bund und Ländern werden zeigen, wie ernst es Österreich mit dem Klimaschutz ist.“
Resümee des Stakeholderdialogs
Nach einem intensiven Austausch sahen die Diskutant:innen vor allem in den folgenden drei Themenbereichen die größten Potentiale, nachhaltige Güterverkehrslösungen auszubauen:
Personalmangel
- Alle Unternehmen haben große Probleme auf allen Ebenen, am Arbeitsmarkt die notwendigen Fachkräfte (inkl. Lehrlinge) für die nachhaltige Transformation zu bekommen. Um dem Abhilfe zu verschaffen, waren sich die Diskussionsteilnehmer:innen einig, dass zukünftig Employer Branding (d.h. Aufbau und Pflege des Unternehmens als Arbeitgebermarke)an Bedeutung gewinnen muss. Es gilt, die richtigen Anreize für neue Mitarbeiter:innen zu setzen und „Jobs mit Sinn“ hervorzuheben. Viele junge Menschen sind sehr stark an Umwelt- und Klimaschutz interessiert. Unternehmen, die sich nachweislich intensiv mit Nachhaltigkeitsthemen auseinandersetzen und potentiellen Mitarbeiter:innen dieses Engagement auch kommunizieren, tun sich leichter, die besten Köpfe für sich zu begeistern.
- Die oftmals zu engen Vorschriften in den Arbeitszeitregelungenbehindern teilweise ebenfalls die Attraktivierung von Arbeitsplätzen. Hier sehen die Diskussionsteilnehmer:innen Verbesserungspotential in einer flexibleren Arbeitszeitgestaltung. Dazu müssen aber auch die Gewerkschaften und die Politik mit an Bord geholt werden.
Infrastruktur
- Für die verstärkte Verlagerung von Gütertransporten auf die Schiene muss auch die Bahninfrastruktur in Österreich ausgebaut werden. Die ÖBB werden bis 2040 die Leistungsfähigkeit der Schiene verdoppeln. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor dabei ist der aktuelle Rahmenplan, der allein von 2022 bis 2027 ein Investitionsvolumen von 18,2 Mrd. Euro in das heimische Bahnnetz vorsieht.
- Der gemeinsame Tenor der Diskussion war, dass sich die österreichische Raumordnung ändern muss, da zu viel Fläche in Österreich versiegelt wird und das einen negativen Effekt auf die Umwelt und das Klima hat. Hier braucht es dringend nationale Vorgaben und Sanktionierungsmöglichkeiten. Der WWF setzt sich unter dem Motto „Natur statt Beton“ für den Flächenschutz und gegen Flächenversiegelung ein.
- Einige Teilnehmer:innen wünschen sich von den ÖBB und der Politik, derzeit ungenützte Flächen für den zukünftigen Schienengüterverkehr zu schützen und zu revitalisieren.
Digitalisierung
- Die Digitalisierung ist auch ein wesentlicher Schlüssel, um Arbeitsplätze zu attraktivieren und zu vereinfachen (wie u.a. die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung).
- Die von der RCG präsentierten Digitalisierungsmaßnahmen, um u.a. den Zugang zum System Bahn zu vereinfachen, wurden positiv gesehen. Niederschwellige, anwenderspezifische Systeme sind essentiell, um den maximalen Kundennutzung zu erreichen.
- So richtig und wichtig alle Digitalisierungsmaßnahmen im Bahnbereich sind, sie heben die Notwendigkeit, mehr Verladepunkte für den Schienengüterverkehr zu errichten, nicht auf.
Dialog wird fortgesetzt
Die Teilnehmer:innen des Stakeholderdialogs waren sich einig, dass diese Form des intensiven Austausches für alle Seiten einen großen Mehrwert, neue Perspektiven und neue Ideen der besseren Zusammenarbeit bringt. Aus diesem Grund wird dieses Dialogformat fortgesetzt. „Neben dem geplanten Ausbau der hochrangigen Bahninfrastruktur, den wir voll unterstützen, ist es zusätzlich unbedingt notwendig, weitere Schließungen und die Verkäufe von Nebenstrecken zu beenden. Die Mechanismen zur Finanzierung für die Instandhaltung dieser Nebenstrecken müssen künftig geändert werden, damit es auch für die ÖBB wieder attraktiv wird, solche Nebenstrecken nicht nur instand zu halten, sondern künftig wieder auszubauen. Die Neuerrichtung oder Wiederinbetriebnahme von privaten Anschlussbahnen interessierter Unternehmer sollte jedenfalls weiterhin so gut unterstützt und organisiert werden wie bisher, nur dadurch werden größere Transportmengen künftig zusätzlich auf die Schiene kommen", betonte Kurt Bernegger, Geschäftsführer der Bernegger GmbH.
WWF
Der World Wide Fund For Nature (WWF) ist eine der größten Natur- und Umweltschutzorganisationen der Welt. Er hat Büros in 80 Ländern und setzt mit über 6.000 Vollzeitangestellten in insgesamt 150 Ländern Arten- und Klimaschutzprojekte um. Global unterstützen fast 6 Millionen Menschen den WWF als Förderer. Der WWF Österreich ist seit 1963 aktiv für den Naturschutz.
Die WWF CLIMATE GROUP
Die WWF CLIMATE GROUP, als Netzwerk heimischer Klimaschutzvorreiter und Branchenleader, leistet freiwilligen und aktiven Klimaschutz. Im Fokus stehen ein nachhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen und ambitionierte unternehmerische Ziele. Damit leistet die Gruppe einen Beitrag zur Senkung der weltweiten Treibhausgasemissionen und zur Begrenzung der globalen Erderwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius. Partnerunternehmen der WWF CLIMATE GROUP: Allianz, BKS Bank, gugler Kommunikationshaus, IKEA, Mondi, ÖBB, Ochsner Wärmepumpen, SPAR, Unicredit Bank Austria, Vöslauer und die VBV Vorsorgekasse.
Rail Cargo Group: Güterverkehr der ÖBB
Mit 9.340 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Niederlassungen in ganz Europa und einem Jahresumsatz von rund 2,3 Milliarden EUR zählt die Rail Cargo Group zu den führenden Bahnlogistikunternehmen Europas. Die Rail Cargo Group betreibt gemeinsam mit starken Partnern ein flächendeckendes Netz an End-to-end-Logistik in Europa und darüber hinaus bis Asien. Sie verbindet europäische Ballungszentren und Häfen mit prosperierenden Wirtschaftszentren Russlands, der Türkei bis nach China. Operative Leitgesellschaft der Rail Cargo Group ist die Rail Cargo Austria AG.
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